Soziale Dienstleistungsarbeit im Spiegel der Corona-Pandemie: Warum ist Aufwertung jetzt notwendig?

Aussteller: Institut Arbeit und Technik (IAT), Westfälische Hochschule Gelsenkirchen

In der Krise fällt besonders auf, wie notwendig soziale Dienstleistungen dafür sind, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt sowie Arbeit und Produktion in der Gesamtwirtschaft aufrecht erhalten wird. Doch die temporäre Zuschreibung von „Systemrelevanz“ birgt das Risiko, dass die Arbeit in den Feldern Gesundheit und Soziales auf ihre Fähigkeit zur situativen Krisenbewältigung oder auf eine „Gewährleistungsfunktion“ für andere Wirtschaftsbranchen reduziert wird.

Der Bedarf an sozialen Dienstleistungen wird künftig steigen. Gleichzeitig steht soziale Dienstleistungsarbeit vor enormen Transformationsaufgaben. Auf Applaus und anerkennend gemeinte Boni muss die strukturelle Aufwertung der Arbeit folgen. In unserem „Corona“-Papier (Dok. 1) haben wir folgende Handlungsfelder benannt:

  1. Gerechte Einkommen
  2. Neue Kompetenzprofile für bedarfsgerechte Versorgung
  3. Bedarfsgerechte Digitalisierung
  4. Gestaltungskompetenz der betrieblichen Interessenvertretungen

Die Krise macht auch deutlich, wie sehr sich einzelne Branchen und Beschäftigungsfelder darin unterscheiden, kurzfristig Arbeitsorte, -zeiten oder -abläufe alternativ zu organisieren. Digitale Kommunikation und Technik ermöglichen es in vielen Bereichen, pandemiebedingte Einschränkungen abzufedern. In begrenztem Umfang erfolgt dies auch in der Altenpflege. Gleichzeitig zeigt sich, dass eine weitere Digitalisierung für die Pflege mehr Unterstützung und Entlastung bringen könnte.

Am Beispiel der Altenpflege zeigen wir auf, welche Potenziale in der Beteiligung und Mitgestaltung digitaler Anwendungen durch Beschäftigte und Interessenvertretungen liegen, damit die Technik bedarfsgerecht, passgenau und an den Nutzer*innen orientiert ist – und somit dazu beiträgt, die Branche auch krisenfester aufzustellen.

Aus den Ergebnissen einer Befragung von 186 Interessenvertreter*innen (vgl. Dok. 2) leiten wir unter anderem folgende Ansatzpunkte ab:

  1. Die Interessenvertretungen in der Altenpflege müssen vorausschauend und proaktiv agieren, um die Anliegen der Beschäftigten rechtzeitig in Digitalisierungsvorhaben einzubringen. Hier ist Raum für Entwicklung: Nur rund ein Viertel macht häufig oder immer eigenständige Vorschläge (vgl. Abb. 1)
  2. Verfahren der Mitarbeiter*innenbeteiligung ermöglichen es, dass die Interessenvertretungen die Interessen und Bedarfe ihrer Kolleg*innen gut kennen – doch dabei gilt es, einige Stolpersteine zu überwinden (vgl. Abb. 2).
  3. Beteiligungsinstrumente, Qualifizierungsbedarfe und Technikfolgenabschätzung sind Themen, zu denen sich die Gremien fit machen müssen. Eine stärkere Nutzung formaler Bildungsangebote wäre eine sinnvolle Erweiterung zum informellen Lernen (vgl. Abb. 3).
  4. Bisherige Betriebsrätebefragungen können die Mitbestimmungsstrukturen in der Altenpflege nur unzureichend abbilden. Ein „Mitbestimmungsmonitor Pflege“ könnte die empirische Grundlage dafür bilden, den sozialpartnerschaftlichen Dialog zum Zukunftsthema Digitalisierung zu stärken.
Fast die Hälfte der Gremien wird regelmäßig zu spät über technische Neuerungen informiert, um noch mitgestalten zu können.
Für eine stärkere Mitarbeiter*innenbeteiligung müssen einige Hürden überwunden werden.
Bisher nutzen die Gremien in erster Linie informelle Wege des Wissenserwerbs. Es bestehen einige interessante Abweichungen im Antwortverhalten zwischen Betriebsräten und Mitarbeitervertretungen.
Die Gremien wollen sich zukünftig stärker vernetzen, austauschen und beraten.

Kontakt

Name: Christine Ludwig und Michaela Evans
Telefon: 0209 1707 173
E-Mail: ludwig@iat.eu
Webseite: http://www.iat.eu