Humanisierung der Arbeit revisited: Der interdisziplinäre Arbeitskreis „Humanisierung der Arbeit“
Aussteller: Friedrich-Ebert-Stiftung, Universität Heidelberg
Zwischen 1974 und 1989 förderte die Bundesregierung das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens“. Bis heute sind diese damaligen Projekte wegweisend. Sie verbanden Untersuchungen und Gestaltungsvorhaben in den Bereichen Arbeitsschutz, Arbeitsorganisation und Demokratie am Arbeitsplatz mit technologischer Innovation. Unterstützt wurden Vorhaben, die physische Belastungen und Gefahren für die Gesundheit eindämmten und monotone Arbeiten reduzierten. Insbesondere das Fließband war Ausdruck unmenschlicher, industrieller Arbeit; eine Alternative war die Gruppenarbeit in sogenannten Fertigungsinseln. Andere Projekte ermöglichten es erstmals den Beschäftigten selbst, ihre Arbeitsplätze zu bewerten und humaner zu gestalten.
Die Akteure – Unternehmen, Bundesregierung, Gewerkschaften, Beschäftigte und ihre Betriebsräte sowie schließlich auch die begleitenden Wissenschaftler:innen – verbanden mit der menschlicheren Gestaltung der Arbeit unterschiedliche Dinge. Ging es den einen um Arbeitsschutz, um Qualifizierung der Beschäftigten oder sogar um ein mehr an Demokratie am Arbeitsplatz, zählten für andere Rationalisierungsfortschritte und die Flexibilisierung der Produktion. Diese Interessenunterschiede führten zwangsläufig zu Konflikten und Einschnitten in das Programm.
Die über 1.600 vom Bundesministerium für Forschung Technologie geförderten Maßnahmen strukturierten jedoch die politischen und wissenschaftlichen Debatten über eine menschlichere Gestaltung der Arbeitswelt. Es war gewissermaßen ein gesellschaftliches „Vorurteil“, dass industrielle Arbeit und monotone Büroarbeit verändert werden müssen.
Die Technologien und häufig auch die Wünsche der Beschäftigten haben sich seit den 1970er- und 1980er-Jahren geändert. Vor dem Hintergrund voranschreitender Digitalisierung ist die Forderung nach einer „Humanisierung der Arbeitswelt“, nach Guter Arbeit aber brandaktuell. Der Einsatz von Technologie – so ein zentraler Gedanke aus den HdA-Projekten – ist gestaltbar. Die Selbstbestimmung der Beschäftigten und betriebliche Demokratie können und sollten dabei eine wichtige Rolle spielen.
Seit zwei Jahren besteht der interdisziplinäre Arbeitskreis „Humanisierung der Arbeit“. Er geht aus älteren Initiativen der Hans-Böckler-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung hervor und wird aktuell von PD Dr. Stefan Müller (Friedrich-Ebert-Stiftung) und Prof. Dr. Katja Patzel-Mattern (Universität Heidelberg) koordiniert. Der Arbeitskreis befasst sich in geschichtswissenschaftlicher Perspektive mit den historischen HdA-Projekten und er fragt gemeinsam mit Soziolog:innen und Gewerkschafter:innen nach der Aktualität dieses Programms.
Interessent:innen können sich an Stefan Müller wenden: stefan.mueller[at]fes.de.
Weiterführende Informationen über HdA findet man auf dem Blog der Universität Heidelberg: https://hdainhd.hypotheses.org/
Bilder
– Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung wurde 1972 errichtet und war Teil eines Maßnahmebündels zur Humanisierung der Arbeit. Dieses Plakat aus dem Jahr 1976 führt die Gesetzesvorhaben seit Ende 1960er-Jahre auf.
– Die IG Metall vermittelt auf diesem Plakat aus dem Jahr 1978 eine Idee davon, was sie alles unter Humanisierung der Arbeit versteht.
– In den ersten Jahren gab es eine Vielzahl an Projekten zur Arbeitsorganisation. Die wichtigsten Ergebnisse der HdA-Projekte wurden in den 1980er-Jahren in der „Grünen Reihe“ in über 100 Publikationen zusammengefasst.
– Humanisierung der Arbeit war nicht nur eine Angelegenheit der Industriegewerkschaften, wie dieses Plakat der GEW zeigt (etwa 1983).
Video
Audio
KONTAKT
Name: PD Dr. Stefan Müller
Telefon: + 49 0228 883-8072
E-Mail: stefan.mueller@fes.de
Webseite: https://www.fes.de/themenportal-geschichte-kultur-medien-netz/geschichte/themen/gewerkschaftsgeschichte